Der einarmige Froschkönig

Der einarmige Froschkönig
Ben und seine Freunde machen eine spannende Entdeckung.

Mein Name ist Ben. Ben Küchenmeister. In der Straße, in der ich wohne, ist immer etwas los. Das liegt nicht nur an den Kindern, die hier leben, sondern auch an den vielen Möglichkeiten zum Spielen.

Dabei wohnen wir in der Stadt – na ja, einem Städtchen. Neben den Wohnblöcken liegen eine große Wiese mit Bäumen und neuerdings auch ein kleiner Teich. Der Teich spielt auch eine Rolle in dieser Geschichte. Aber dazu später mehr.

Wir, das sind Lukas, Max, Hannes, Matze, Lea und ich. Zusammen sind wir 60 Jahre alt und haben immer mindestens genauso viele Flausen im Kopf, wenn wir zusammen sind. An den Tag, an dem wir den einarmigen Froschkönig gefunden haben, kann ich mich noch gut erinnern:

Es war ein Tag im Frühsommer. Wir wollten auf der Wiese Eidechsen fangen.
Wenn es warm ist, ruhen sie sich an warmen, sonnigen Stellen aus und lassen sich dann leicht mit der Hand einfangen. Auf so einer Sommerwiese gibt jede Menge anderer Tiere und Pflanzen zu entdecken. Da krabbelt, flattert und zirpt es an jeder Ecke. Hier ein paar Feuerkäfer, dort ein Zitronenfalter, Hummeln oder Grillen und manchmal auch ein Frosch.

„Ein Frosch! Ein Frosch mit nur einem Arm!“, rief Lea als sie das Tier unter einem Gebüsch entdeckte und das Schmetterlingsnetz über ihn warf. Schnell liefen wir zu ihr. „Frösche haben keine Arme, sondern Vorderbeine“, stellte Matze richtig. „Das Vorderbein hat er bestimmt im Kampf mit einem Vogel verloren, manche Vogelarten fressen Frösche“, meinte Hannes. „das Vorderbein hat sich nicht entwickelt, als der Frosch noch eine Kaulquappe war“, gab ich zu bedenken. „Egal“, sagte Max, „ich habe da eine Idee. Wir setzen ihn in den neuen Teich. Frösche leben doch im Wasser.“ „Aber nicht alle! Frösche sind Amphibien, das heißt, sie leben auf dem Land und im Wasser. Die Idee ist prima. Wie bekommen wir ihn zum Teich? Aus dem Netz springt er raus“, überlegte Lukas. „Na, wir tragen ihn hin!“, sagte Max, „Wer macht es?“. „Immer der, der fragt“ brummelte Matze vor sich hin. „Ich?“, fragte Max, „Nee, nee, ihr wisst doch, was ich in die Hände nehme, geht leicht kaputt.“ „Das ist doch eine Ausrede. Sei doch kein Frosch, Max“, entgegnete ich und musste grinsen. „Also Jungs, wenn ihr hier noch länger steht und euch nicht einigt, dann trage ich den Quaker in den Teich!“, entschied Lea.

Ehe wir uns versahen, hatte sie den Frosch vorsichtig mit der einen Hand am Hinterkopf gepackt und mit der anderen hielt sie die Hinterbeine zusammen. Lea sah in unsere erstaunten Gesichter. „Das hat mir mein Opa gezeigt. So kann der Frosch nicht springen und sich dabei verletzen. Man muss an der Kehle vorsichtig sein, denn mit ihr und durch seine Haut, atmet ein Froschlurch. Wusstet ihr eigentlich, dass Frösche mit ihren kräftigen Hinterbeinen Sprünge bis zu einem Meter hinbekommen?“

„Quak!“ Vor Schreck zuckten wir alle zusammen. Lea ließ den grünen Gesellen fast fallen. „Quak!“ „Offenbar ist der Frosch empört. Aber vielleicht ist er ja auch kein Frosch, sondern ein König und will von Lea geküsst werden“, prustete Matze los. Wir konnten uns kaum halten vor Lachen. Lea stimmte fröhlich mit ein: „Und dann lebe ich glücklich und zufrieden in meinem Schloss und muss nie wieder Diktate schreiben. Aber jetzt los, lange kann ich den einarmigen Froschkönig nicht mehr halten.“

In einiger Entfernung hörten wir plötzlich ein weiteres „Quak!“ Quak!“. „Mensch, da ist noch einer, vielleicht ist das die Königin, arme Lea“, unkte Hannes. „Wohl eher ein Prinz, denn mit dem Gequake locken Frösche die Weibchen an und grenzen ihre Reviere ab“, erklärte ich, „sie machen das mit ihrer Schallblase. Ein Laubfrosch kann sie so gewaltig aufblähen, dass sie fast so groß ist, wie er selbst.“ „Jedenfalls sollten wir den anderen Frosch auch einsammeln und zum Teich übersiedeln. Dann gibt es am Abend ein tolles Froschkonzert“, sagte Lea, „Ihr wisst ja nun, wie ihr es anstellen müsst.“

„Ähm“, Hannes räusperte sich. „Hast du etwa einen Frosch verschluckt“, gluckste Matze. „Ähm, ich glaube ich muss rein. Hausaufgaben machen. Bis später!“, murmelte Hannes und trabte davon. „Ist schon in Ordnung, Hannes! Wir treffen uns heute Abend am Teich!“, riefen wir ihm hinterher.

Lukas und ich machten uns auf, den zweiten Frosch zu finden.
Wir fanden ihn in einer kleinen Erdmulde und brachten ihn ebenfalls zum Teich.
Dort setzten wir die Tiere vorsichtig auf die Ufersteine. Mit einem Satz sprangen beide ins Wasser.

Das ist jetzt ein Jahr her und in diesem Sommer haben wir schon vier weitere einarmige Frösche gezählt. Woher die kommen, ist eine andere Geschichte, aber vielleicht wisst ihr es auch schon.

Text: Nicole Potthoff